Jubiläums-Serie

Blick zum Stuck


Dieser Teil der aktuellen Jubiläums-Serie, die sich der grundlegenden Sanierung des GARTENPALAIS vor 20 Jahren widmet, wirft einen Fokus auf die einzigartige Stuckdekoration des Palais, die im Rahmen der Renovierung zwischen 2000 und 2004 in ihrer ursprünglichen Pracht wieder erlebbar wurde. Ein Rundgang durch das GARTENPALAIS mit Blick zum Stuck.

 

 

Die Stuckdekoration des gesamten GARTENPALAIS ist in einzigartiger Vollständigkeit erhalten. Sie stammt aus der Hand von Santino Bussi (1664-1736), der im Halsband eines Hundes auf einer Jagdtrophäe im Erdgeschoss sein Werk auch signierte; es stellt zweifellos eine der qualitätsvollsten Stuckausstattungen des Hochbarock auf Wiener Boden dar. Bemerkenswert ist vor allem der originale Zustand, sind doch die Stuckdekorationen des 18. Jahrhunderts in fast allen anderen Wiener Ausstattungen im 19. Jahrhundert intensiv überarbeitet worden, weil sie dem Repräsentationsanspruch des Historismus nicht mehr genügten.



Wieder erlebbar in ursprünglicher Schärfe und Plastizität


Zu Beginn der Restaurierungsarbeiten vor 20 Jahren fehlte dem Stuck - durch mehrere Schichten späterer Fassungen, die dann sorgfältig entfernt wurden - die plastische Schärfe. Die Einheitlichkeit des Erscheinungsbilds wurde durch Retusche mit lasierender Kalkmilch erreicht, die durch ihre Transparenz das Material des Kalkstucks heute wieder spüren lässt. Insbesondere dort, wo der vollplastische Stuck in linearer Zeichnung in der Grundfläche auslief, wurde die Komposition wieder lesbar. In der Spannung zwischen den vollplastisch modellierten Teilen, dem Relief und der Zeichnung kommt die volle Tiefenwirkung der Formen und damit eine der wesentlichen Qualitäten dieses Stucks zum Tragen.


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In einzigartiger Vollständigkeit erhalten: Die Stuckdekoration des GARTENPALAIS.



Ein Rundgang durch das GARTENPALAIS


Santino Bussi kam 1694 auf Einladung des Fürsten Liechtenstein aus Mailand nach Wien. Damals war in der Residenzstadt ein regelrechter Bauboom ausgebrochen, den Bussi für sich zu nutzen wusste. In der Ausstattung der Paläste des frühen 18. Jahrhunderts war er der führende Stukkateur. Neben dem STADT- und dem GARTENPALAIS Liechtenstein stuckierte er das Winterpalais und das Obere und das Untere Belvedere des Prinzen Eugen sowie die Palais der Familien Trautson und Harrach. Die Stuckausstattung des GARTENPALAIS folgt unmittelbar auf jene des STADTPALAIS.

Im plastischen Dekor des GARTENPALAIS spiegeln sich die zwei Hauptthemen der malerischen Ausstattung: Allegorien und mythologische Szenen liefern exempla virtutis, also Beispiele tugendhaften Handelns, oder illustrieren das fürstliche Landleben. Für die Ausschmückung des Vestibüls schloss Bussi 1704 einen Vertrag, den er bereits im folgenden Jahr erfüllte. Ab 1706 arbeitete er am Stuck der Treppenhäuser und des Piano Nobile. Bis 1708 folgten der vergoldete Wanddekor an den Seitenwänden des Festsaals, dem sogenannten Herkulessaal, und der einfachere Stuck im zweiten Stock.


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Der vergoldete Wanddekor an den Seitenwänden des Herkulessaal im ersten Stockwerk des Palais.



Im Vestibül und der ebenerdigen Sala Terrena bestimmt ein Wölbungssystem aus Jochen und Gurtbögen die Deckengliederung. Die Fresken des österreichischen Künstlers Johann Michael Rottmayr (1654–1730) in den Jochen werden von Stuckreliefs flankiert. Die Zwischenräume füllen zarte Akanthusranken, Laubwerk und Blattschnüre. Auf die Gurte sind schlanke Kandelabergrotesken mit Putten und verschiedenen Tieren gesetzt oder einfach nur Blumengebinde. Breitere Gurte bieten Jagdtrophäen und kleinen Jagdszenen Platz: Störche schnappen nach Fröschen, Reiher nach Trauben. Putten und Satyren bevölkern Gebinde aus Zweigen und Blumen. Der Stuck in der Sala Terrena bietet auch die erste Begegnung mit dem Herkulesthema, das im gleichnamigen Herkulessaal im Piano Nobile im Fresko von Andrea Pozzo (1642-1709) ins Monumentale gesteigert wird.



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Die Stuckdekoration Bussis und Fresken Rottmayrs im Vestibuel des GARTENPALAIS.



Die Stuckdecken der Räume im Piano Nobile haben runde oder achteckige Mittelspiegel, die der Dekor einfasst. Die große Galerie mit ihren geschwungen konturierten Spiegeln folgt demselben Schema. Meist sind in die Ecken Medaillons mit Reliefs gesetzt. Ein profiliertes Band, in Winkeln und Rundungen verlaufend, verbindet diese zu einem Rahmen, um den sich Blattranken winden oder an dem Blütenfestons hängen. Der Grundtypus wie auch die Ausformung wird aber in jedem Raum leicht variiert, sodass keine Decke der anderen gleicht.

In den Medaillons finden sich Reliefs der Kardinaltugenden, antike Feldherrenbüsten, Personifikationen der Weltteile, kämpfende und raubende Kentauren sowie ein Siegeszug eines lorbeerbekränzten Feldherrn, der in seinem Gefolge die Kriegsbeute und Gefangene mitführt. In der Großen Galerie nehmen Herkulesszenen das Thema des Freskos im gleichnamigen Festsaal auf.

Bussis zartes Rankenwerk war um 1700 in Wien stilprägend. Es entwickelte sich aus der kräftiger ausgebildeten Akanthusornamentik. Diese wurde im deutschen Raum ab ca. 1650 verstärkt aufgegriffen. Hier bekam sie die Form von sich organisch rankendem Laubwerk. Bussis Blattwerk zeigt sehr individuelle Formen. Wo das Motiv zum Rand hin ausläuft, reduzieren sich die fleischigen Stengel zu fast fadenförmigen, linearen Gebilden und die Plastizität der kräftigen Blätter verliert sich in seichtes Relief.



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Die große Galerie im Piano Nobile des GARTENPALAIS.

 

 

Dieser Beitrag ist Teil der diesjährigen "Jubiläums-Serie", die sich der Renovierung des GARTENPALAIS Liechtenstein widmet. Die Renovierung fand zwischen 2000 und 2004 statt; ihr Abschluss jährt sich damit heuer zum zwanzigsten Mal. Sie können die Serie hier im News-Bereich oder über unseren Newsletter verfolgen.



Bild 1, 2, 3: Sebastian Burziwal

Bild 4: Jonas Thiller





SONDERFÜHRUNG


"Jubiläum im GARTENPALAIS"

20 Jahre Rückkehr der Fürstlichen Sammlungen nach Wien


Bereits im 19. Jahrhundert war das GARTENPALAIS Liechtenstein eines der ersten Museen in Wien, in dem die Kunstsammlung der Fürsten einem interessierten Publikum zugänglich gemacht wurde. Diese Tradition wurde 2004 nach der Restaurierung des Palais wieder aufgegriffen, nachdem die Sammlungen 1938 nach Vaduz transferiert und beinahe 70 Jahre lang nicht in Wien präsentiert wurden.


Erfahren Sie im Zuge dieser Sonderführungen mehr zum Verbleib der Sammlungen und der Nutzung des GARTENPALAIS während und nach dem zweiten Weltkrieg, sowie der Revitalisierung des Areals von 2000 bis 2004.


60 Minuten | Anmeldung erforderlich | Einzelticketpreis EUR 24,-
ausgewählte Termine | ausschließlich auf Deutsch



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